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Länger als eine Sekunde Rot - Mitzählen durch Polizeibeamten reicht

Länger als eine Sekunde Rot (Qualifizierter Rotlichtverstoß) – Mitzählen durch Polizeibeamten reicht laut OLG Hamm aus. (Beschluss vom 12.03.2009, AZ 3 Ss OWi 55/09)
Das Oberlandesgericht Hamm hatte über einen so genannten „qualifizierten Rotlichtverstoß“ zu entscheiden.
Dieser wurde durch eine gezielte Rotlichtüberwachungsmaßnahme durch einen Polizeibeamten als Zeugen zur Anzeige gebracht. Der Polizeibeamte hatte die Rotlichtzeit durch Zählen ("einundzwanzig, zweiundzwanzig") geschätzt.


Hierbei habe er beim Umspringen der Ampel auf "rot" in Gedanken die Sekunden in Form von Zahlen von 21 an aufwärts gezählt und habe so die Zeit, die bis zum Überfahren der Haltelinie durch den Betroffenen verstrichen war, schätzen können. Nach Angaben des Polizeibeamten setze er die Dauer der Rotphase eher zu niedrig als zu hoch an.

Diese - bisher umstrittene - Methode, nämlich eine Schätzung der Rotlichtzeit, hat das Oberlandesgericht Hamm in dem zur Entscheidung stehenden Fall als korrekt angesehen.

Ein solcher Rotlichtverstoß (länger als 1 Sekunde Rot) wird übrigens laut aktuellem Bußgeldkatalog mit einem Bußgeld von 200 €, vier Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet.

Direkt zu der Entscheidung des OLG Hamm

Anmerkung von RA Schlemm:
Nichts desto trotz ist jeder Rotlichtverstoß individuell zu beurteilen; die Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen beim qualifizierten Rotlichtverstoß sind jedenfalls nach wie vor hoch. Es gibt folglich auch andere obergerichtliche Entscheidungen, wie z. B. die des OLG Düsseldorf.
Dieses hat in seinem Beschluss vom 9. Januar 1995 (DAR 1995, S. 167) ausgeführt, dass die bloße "gefühlsmäßige" Schätzung eines den Rotlichtverstoß zufällig beobachtenden Polizeibeamten, die Ampel habe seit "mindestens zwei, eventuell auch drei Sekunden" rotes Licht gezeigt, auch dann nicht genüge, wenn der Polizeibeamte in der Verkehrsüberwachung erfahren ist.

Schätzungen der Rotlichtdauer wurden auch vom Kammergericht (KG NZV 1995, 240) und vom Bayrischen Obersten Landesgericht (BayObLG ZfS 1995, 433) als sehr zweifelhaft beurteilt.