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Verwertbarkeit der Blitzerfotos – Wende in der Rechtsprechung?

Mit der überraschenden und nahezu überall bekannten “Blitzer”-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 haben bekanntlich viele Amtsgerichte betroffene Autofahrer aus rechtlichen Gründen freigesprochen bzw. Verfahren eingestellt. Auch gab es obergerichtliche Entscheidungen zugunsten der Autofahrer (Oberlandesgerichte Oldenburg (VKS 3.0) und Düsseldorf).

Inzwischen ist - zuungunsten der betroffenen Fahrer - eine „Trendwende“ in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Themenkreis  „Beweisverwertungsverbot von Fahrerlichtbildern aus automatischen Geschwindigkeitsmessanlagen“ erkennbar.

Die Mehrzahl der Oberlandesgerichte verneint nun ein Beweisverwertungsverbot:
* OLG Celle, Beschluss vom 29.04.10, AZ 311 SSBs 25/10
* OLG Dresden, Beschluss vom 30.3.2010; AZ - Ss Bs 152/10
* OLG Koblenz, Beschluss vom 4.3.2010  AZ 1 SsBs 23/10
* OLG Rostock, Beschluss vom 1.3.2010, AZ  2 Ss (Owi) 6/10
* OLG Bamberg, Beschluss vom 25.2.2010; AZ  3 Ss OWi 206/10
* OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.2.2010; AZ  1 Ss (OWi) 23 Z/10
* OLG Stuttgart, Beschluss. vom 29.1.2010 ; AZ 4 Ss 1525/09
* OLG Jena, Beschluss vom 6.1.2010; AZ 1 Ss 291/09
* OLG Schleswig, Beschl. vom 29.12.2009; AZ 2 Ss OWi 135/09
* OLG Hamm, Beschluss vom 22.10.2009; AZ 4 Ss OWi 800/09

Quelle: vdvka.de Nachrichten und Urteile OLG Celle, Beschluss vom 29.04.10, AZ 311 SSBs 25/10 m.w.N.

Interessant ist die Argumentation des OLG Celle im Beschluss vom 29.04.10;  AZ 311 SSBs 25/10:

„Es ist zudem unschädlich, dass die Bildaufzeichnung bei Überschreitung des Grenzwerts automatisch erfolgt, ohne dass ein Ermittlungsbeamter zuvor den Anfangsverdacht bejaht und die Aufzeichnung ausgelöst hat. Denn die Messung beruht ihrerseits auf der vorherigen Eingabe des Grenzwerts, die gleichsam eine "vor die Klammer gezogene", auf einem menschlichen Willensakt beruhende bedingte Verdachtsbejahung darstellt (vgl. dazu ausführlich OLG Dresden aaO). Mit Überschreitung des Grenzwerts tritt die den Anfangsverdacht begründende Bedingung ein, ohne dass es weiterer Ermittlungshandlungen bedarf.
Erst im Anschluss hieran - wenn auch innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde - erfolgt die Bildaufzeichnung. Verdachtsentstehung und Bildaufzeichnung fallen also - entgegen der Rechtsbeschwerde - nicht zeitlich zusammen.“

Aha, es wird also ein Grenzwert in die Messanlage eingegeben, welcher sozusagen ein „Generalanfangsverdacht“ statuiert, weil der Grenzwert schließlich von einer Person eingegeben wurde.

Die - mir derzeit bekannte - Meinung der Lehre sieht da anders aus. Mehr dazu in meinem Beitrag auf LawBike.de

Fazit für die Verteidigung:
„Back to the roots“, d. h. kritische Prüfung des Messvorgangs, auch in technischer Sicht, erforderlichenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen für Verkehrsmesstechnik, ist da unverzichtbar.
Nicht jede Messung erfolgt nämlich korrekt; nicht selten werden Fehler bei der Aufstellung, Bedienung und Verwendung des Geschwindigkeitsmessgeräts gemacht oder der Messvorgang wird nicht richtig dokumentiert.